Wahl des ersten Bürgermeisters der neu gegründeten Stadt Freital

Dr. Carl Wilhelm Wedderkopf der erste gewählte Bürgermeister von Freital

 

 

 

Am 07. März 1922 wird in der Zeitung zur Vorbereitung der Wahl des ersten Bürgermeisters der jungen Stadt Freital berichtet, dass der Wahlausschuss aus 52 Bewerbern drei zur Wahl vorgeschlagen hat. Es werden folgende Kandidaten vorgeschlagen, der Sachse Dr. Ungetüm, Bürgermeister der aufstrebenden Stadt Klingenthal, Stadtrat Glöckner aus Halberstadt und der Bürgermeister der pommerschen Stadt Demmin, Dr. Wedderkopf.

 

Die Stadtverordnetenvorsteher und zwei Stadtverordnete von Freital hatten die damaligen Wirkungsstätten der drei Kandidaten besucht und haben vor Ort Erkundigungen über die betreffenden Personen eingeholt.

 

Der Bürgermeister von Klingenthal einer ebenfalls erst gegründeten Stadt wird als rastlos beschrieben und die Geldanlage der jungen Stadt kann als günstig beschrieben werden und er steht der demokratischen Partei nahe. Sieben Jahre wirkte er in Klingenthal als Gemeindevorstand und ist erst 36 Jahre alt. Durch sein Studium hat er gute juristische und volkswirtschaftliche Kenntnisse und reiche Erfahrungen im Verwaltungsdienst.

 

Bürgermeister Dr. Wedderkopf aus Pommern ist ein studierter fleißiger und äußerst begabter Beamter. Er ist erst seit einem Jahr als zweiter Bürgermeister in Demmin und hat sich schnell die Verwaltungspraxis angeeignet. Er ist 37 Jahre alt, er hat Maschinebauer gelernt und es dank seiner praktischen und geistigen Fähigkeiten bei der Marine zum Oberingenieur gebracht. Er hat sich durch Selbststudium weitergebracht und hat das Reifeexamen bestanden und an der Kieler Universität neben seinem Dienst die Staats-, Rechts-und Wirtschaftswissenschaften studiert. Später hat er die Universitäten Halle, München und Leipzig besucht und hat sein Studium auf Kommunalpolitik ausgedehnt. Schließlich hat er noch die Handelsschule in München absolviert. So hat Dr. Wedderkopf ein ganz ungewöhnliches Maß an wissen gepaart mit praktischen Können sich angeeignet, um eine Stadt wie Freital mit Ihren reich verzweigten Industrieinteressen zu lenken.

 

Ansichtskartensammlung Lutz Ziegenbalg in Freital

Stadt Demmin, Marktplatz mit Rathaus, Kirche und Stadttor im Hintergrund. In dieser Stadt arbeitete Dr. Wedderkopf ca. 1 Jahr als zweiter Bürgermeister von ca. 1921 bis 1922 bis er dann in Freital ab Mai 1922 das Amt des ersten Bürgermeister antrat.

 

Der dritte Kandidat ist Stadtrat Glöckner aus Halberstadt, er ist 1885 in Euskirchen im Rheinland geboren worden und ist gleichaltrig mit Dr. Wedderkopf. Er hat ebenfalls Kommunalpolitik studiert und zwar in Düsseldorf und Erfahrungen in diesem Bereich in Minden in verschiedenen Regierungskassen als Sekretär und Obersekretär gesammelt. Seine Arbeitsleistung wurde in Halberstadt sehr geschätzt und er ist Mitglied der unabhängigen sozialdemokratischen Partei.

 

Nachdem man am 23.Februar 1922 die vier Freitaler Abgeordneten auf die Reise geschickt hatte, berichtet man weiter, zunächst aus Demmin, das Urteil über Dr. Wedderkopf war sehr günstig, seine persönlichen Verhältnisse waren einwandfrei, sein Verhältnis zur Bürgerschaft ausgezeichnet, in seiner kurzen Zeit in Demmin hatte er dort außerordentliches geleistet.

 

Auch in Halberstadt konnte man über den zweiten Kandidaten im Voraus sehr gutes hören, aber nähere Erkundigungen rieten von diesem ab.

 

Kandidat Drei, der Bürgermeister Dr. Ungetüm vom sächsischen Klingenthal hatte einen sehr guten Ruf, so dass er als gleichwertiger Kandidat zu Dr. Wedderkopf gesehen wird.

 

Dr. Ungetüm ist verheiratet und Vater von zwei Kindern und würde sich finanzielle vorerst verschlechtern und auch die Wohnungsbeschaffung wird als schwierig angesehen. Ein zweites Problem liegt beim Zeitpunkt des Amtsantritts, da Klingenthal erst einen neun Bürgermeister finden müsste, also erst in 4-5 Monaten kommen könnte, er bringt aber Erfahrung als sächsischer Verwaltungsbeamter mit. Er bringt die Befugnis zum höheren Richteramt, eine Vorrausetzung für ein Bürgermeisteramt.

 

Dr. Wederkopf habe das zweite Staatsexamen nicht gemacht und hat diese Befugnis nicht und ist dazu preußischer Beamter, er würde aber mit seinen Befähigungen sich in kurzer Zeit einarbeiten und er ist unverheiratet und damit die Wohnungsfrage kein Problem, er würde sich auch mit einer Bescheidenen Unterkunft zufrieden geben. Auch finanziell würde er sich vorerst mit einer niedrigeren Lohnstufe abfinden und kann kurzfristig sein Amt antreten. Auf Grund der Wichtigkeit sollte die Wahl nicht am gleichen Abend sondern erst in acht Tagen, Donnerstag den 16. März stattfinden.

 

Erster Wahlgang der Stimmzettelwahl: 21 Stimmen auf Dr. Wedderkopf, 15 Stimmen auf Dr. Ungetüm, 2 Stimmen auf Stadtrat Glöckner, der zweite Wahlgang endete mit dem gleichen Ergebnis. Beim dritten Wahlgang schied Stadtrat Glöckner aus und es entfielen 22 Stimmen auf Dr. Wedderkopf und 15 Stimmen auf Dr. Ungetüm. Somit ist Dr. Wedderkopf zum ersten Bürgermeister Freitals gewählt worden. Am 16. April hat die Kreishauptmannschaft die Wahl des Bürgermeisters bestätigt und Dr. Wedderkopf seinen Amtsantritt zum 01. Mai 1922 angekündigt.

 

23. März 1922, Dr. Wedderkopf hat die Wahl angenommen und man bringt nochmals zum Ausdruck, dass man hofft hiermit den richtigen Mann für die Zukunft der Stadt gewählt zu haben.

 

01. Mai 1922, Dienstagabend fanden sich im prächtigen Saal des Döhlner Rathauses Beamte, Angestellt, Arbeiter der Stadt, auch Vertreter der Justizbehörde, der Kreis-und Amtshauptmannschaft, Geistlichkeit, Schule und Presse zu einer Feierstunde der Amtseinweisung von Bürgermeister Dr. Wedderkopf ein. Die Landesfahnen wehten vom Turmtempel des Rathauses Döhlen und es wurde still als der Kreishauptmann Dr. Krug von Nidda eintrat, gefolgt von Dr. Wedderkopf und dem Stadtrat Baumann und anderen Ratsmitgliedern um die Veranstaltung zu eröffnen.

 

08. Mai 1922, am Montag fand die erste Ratssitzung mit Dr. Wedderkopf statt. Es wurde seine Begrüßung abgehalten und er brachte seine drei ersten Vorschläge ein, die zur Verbesserung der Finanzen Freitals dienen sollten, die auch einstimmig angenommen wurden.