Die Figuren vom Rathausturm Döhlen

 

Am Döhlener Rathaus waren früher 2 große Figuren seitlich am Turm angebracht, diese Figuren waren vermutlich aus Kunststein gefertigt, ein Material welches in dieser Zeit häufig verwendet wurde. Es gab anscheinend noch nicht so viele Erfahrungen in Sachen Lebensdauer und Wetterbeständigkeit zu diesem geformten oder gegossenen Material. So waren die Rathausfiguren um 1929 bereits stark verwittert, dass es am 25.November 1929 folgenden Ratsbeschluss gab:

 

Beseitigung der Figuren am Rathausturm.

 

Bei Vornahme von Dachinstandsetzungsarbeiten am Rathaus ist festgestellt worden, daß die männlichen Figuren am Rathausturm durch Witterungseinflüsse stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Auf Vorschlag des Bauausschusses beschließt der Rat die Figuren entfernen zu lassen, da eine dauerhafte Instandsetzung bei der Art des verwendeten Materials unmöglich ist.

 

 

 

Wenn man die Wasserflecke, auf alten Bildern, am Kunstwerk und an der Fassade sieht, muss man davon ausgehen, dass die Wasserableitung vom Dach her schlecht oder ungenügend war oder einfach die Materialauswahl für die Figuren ungünstig gewesen ist.

 

 

 

 

Ausschnitt-Foto, Lutz Ziegenbalg, Quelle: Hauptstaatsarchiv, SächsStA-D, Sächsisches Staatsarchiv, 12655 Personennachlass Rudolf Bitzan, Nr. 58

 

 

Ein Ausschnitt aus einem frühem Groß- Foto, des Döhlner Rathausturms, aus dem Nachlass des Architekten Bitzan, noch mit den Figuren auf den Stufen des Staffelgiebels. Deutlich sieht man die dunklen Bereiche an den Hintergrundfiguren und auch am Fassadenputz, dies ist eingedrungenes Wasser, welches später zur Zerstörung der Figuren führte und schließlich die Entfernung der Figuren per Ratsbeschluss notwendig machte.

 

Versuch einer Zuordnung der Rathausfiguren von Döhlen

 

Da ein Foto einer Einzelfigur im Nachlass von Rudolf Bitzan aufbewahrt wurde und in der Sammlung fast ausschließlich Dinge zu finden sind, die er selbst gestaltet hat, könnte man davon ausgehen, dass er diese Figur tatsächlich selbst entworfen hat. Es gibt aber auch Hinweise, dass es Künstler gibt mit denen er häufig zusammengearbeitet hat. Einer der Künstler ist der Bildhauer und Maler Richard Guhr, er ist bekannt für seine fanatische Verehrung für Richard Wagner. Guhrs bekanntestes Werk ist wohl der goldene Rathausmann von Dresden. Er schuf 1911/12 auch das große bronzene Wagnerdenkmal, welches heut im Liebethaler Grund steht, er stellte Wagner dort als Gralsritter dar, anspielend auf Wagners Bühnenstück Parsifal (Rittergeschichten), welche seit 1882 der Uraufführung – Wagners musikalischer Interpretation, den Zeitgeschmack beeinflusste. Seit dem finden wir Ritter an vielen Bauwerken, wie beispielsweise dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig (1895-1913). Übrigens nahm Bitzan an der großen Bauausstellung 1913 in Leipzig teil, welche in unmittelbarer Nähe zum Völkerschlachtdenkmal abghalten wurde, welches auch noch 1913 eingeweiht wurde. Möglich das Ihn das Bauwerk so beeindruckt hat, das er seine Emotionen dazu 1913/1914 im Rathaus Döhlen wiederspiegelt hat.

Unsere Rathausfiguren wurden wie gesagt 1913/14 entworfen und stellen vermutlich Tempelritter dar, sie tragen sogar das Tatzenkreuz des Tempelordens auf der Brust. Ähnlichkeiten gibt es in der Körperhaltung der Figuren und vor allem im Gesicht zum Wagnerdenkmal. Dies ist kein Beweis, sondern nur ein zaghafter Hinweis auf gewisse Ähnlichkeiten zwischen beiden Figuren, ein entscheidender Beweis für den Urheber dieser Figuren, in schriftlicher Form fehlt noch.

In den Unterlagen des Stadtarchivs Freital fand ich kürzlich in den Bauunterlagen zum Rathaus Döhlen einen Hinweis, dass es sich bei den großen Turm-Figuren um Siegfried-Figuren handelt, die Figur aus der Nibelungen-Sage. Auch hier gibt es eine Verbindung zu Richard Wagner, da Wagner 1876 dazu auch eine Opernstück mit dem Namen "Siegfried" aufgeführt  hatte.

Es gibt vom Bildhauer Richard Guhr auch eine Bronzefigur von Siegfried, diese wurde vor einiger Zeit in einer Kunstauktion versteigert, Bilder dazu findet man im Internet.

https://hadrian6.tumblr.com/post/166889539942/siegfried-with-the-slain-dragon-richard-guhr

Richarde Guhr fertigte später auch zahlreiche Gemälde, eins davon zeigt Richard Wagner mit einem Löwen und einem Adler zu Füßen ähnlich wie bei den Turmfiguren vom Rathaus Döhlen, das Bild befindet sich wohl im Museum in Graupa, Ansichten dazu finden sich im Internet. 

https://wesendonck.blogspot.com/2012/09/richard-guhr.html

 

 

Die beigefügten Löwen und Adler neben den Ritterfiguren am Döhlener Rathaus sollen sicherlich die Eigenschaften dieser Tiere auf den Ritter übertragen und Symbolisch das Haus und deren Nutzer schützen. Der Löwe ist das Symbol für Macht und Weisheit und bietet Schutz. Der Adler steht in der Mythologie für Weitblick, Mut und Kraft.

Vielleicht gelingt es eines Tages die verlorengegangen Figuren zu ergänzen, heutezutage hat man anderwo derartige Schmuckelement schon in Kunstoff oder andern Materialien ersetzt.

 


Foto, Lutz Ziegenbalg, Quelle: Hauptstaatsarchiv, SächsStA-D, Sächsisches Staatsarchiv, 12655 Personennachlass Rudolf Bitzan, Nr. 03.

 

Original Foto des Gipsmodells von der Turmplastik für den Rathausturm Döhlen, aus dem Nachlass BDA Rudolf Bitzan, mit retuschiertem Hintergrund. Die Figur hatte an der Hintergrundwand auf jeder Seite jeweils zwei Löwen und auf jeder Seite rechts und links einen Adler zu Füßen sitzen.

 

 

Ansichtskarten, Richard Wagner, Sammlung Lutz Ziegenbalg

 

Wagnerdenkmal von Richard Guhr, Richard Wagner als Gralsritter,  1911/12 entstanden.

 

 

 

Foto, Lutz Ziegenbalg, Quelle: Hauptstaatsarchiv, SächsStA-D, Sächsisches Staatsarchiv, 12655 Personennachlass Rudolf Bitzan, Nr. 03. ©

 

Ansicht der Figuren vom Rathaus Döhlen. Bild bearbeitet vom Dresdner Künstler und Autor Conni Licht.

Ausgeführt wurde dieses Gipsmodell von der Firma  Bildhauer Gebrüderer Eberlein in Dresden Neustadt auf  der Rückertstraße 12. Die Modell-Bildhauerarbeiten dazu fertigte ein gewisser Bildhauer Paul Neumann. Die Siefried-Figuren mit je zwei Adlern zu Füßen waren mit Sockel 2,75 m hoch, ohne Sockel 2,45 m hoch. Jede Figur hatte je 4 Löwen in Stampfbetonmasse im Hintergrund platziert.(laut Bauakten Rathaus Döhlen, Stadtarchiv Freital)